München, ein Dixi-Klo

München ist schön: die Stadt so sauber, die Ordnung so aufrecht, die Bewohner so putzig, wenn sie Weltmann spielen. Ein bisschen trutschig ist München, aber was soll’s? Nicht ganz zufällig textete ausgerechnet Münchens Millionendorf-Rapper Fatoni: “Es ist nicht, wo Du bist. Es ist, was Du machst.” Und was macht München? Einmal im Jahr verkleidet es sich als Dixi-Klo. Eines, das übergelaufen ist. Eines, das drei besoffene Halbstarke umgeworfen haben. Dann ist wieder Oktoberfest. 

Oktoberfest ist, wenn der Münchner keinen Parkplatz bekommt, weil ein Wohnmobil drauf steht. Wenn der Gehweg statt mit Frühtau mit Magensäure benetzt ist. Wenn eine ganze Stadt reinhaut, aufstößt und umkippt.

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Ich bin kein Wiesn-Hasser, gar nicht. Taumelnde Massen machen mich zwar schreckhaft, aber gegen ein ganz persönliches Taumeln dann und wann habe ich überhaupt nichts einzuwenden. Und dafür bietet die Theresienwiese ja reichlich Fläche. Allerdings sitze ich als Neumünchner, der ich bin und als der ich noch auf dem Totenbett gelten werde, in Sachen Oktoberfest zwischen allen Bierbänken.

Auf der einen Seite die “Touris”. Dieser Schlag Wiesn-Gänger pilgert aus Kassel, Australien und aus all den anderen Orten, an denen man offenbar nicht so toll die Sau rauslassen kann, nach München, setzt sich Hüte von stattlichem Preis und minderer Qualität auf, zieht Maßkrüge über Schädel und gibt anschließend mit gepixeltem Gesicht in deutschen TV-Magazinen die Bierleiche. Mit denen will man nicht in einen Topf geworfen werden, ganz klar.

Auf der anderen Seite die Wiesn-Checker. Die zogen vor wenigen Jahren aus Orten, an denen man offenbar nicht so gut was mit Medien machen kann, nach München und kennen sich aus, aber sowas von. Die ziehen die Augenbraue hoch, wenn man vor’m offiziellen Fassanstich noch nicht 38 Wiesn-Dates ausgemacht hat. Die entrüsten sich, wenn man ohne Lederhose wagt, die Festwiese zu betreten. Die löschen deine Nummer aus ihrem Handy, wenn du einen bierseligen Tag mit guten Freunden in einem – Achtung, jetzt kommt’s! – “Touri-Zelt” verbracht hast.

Kein Mensch mag bekotzte Proleten. Aber ich mag jeden ehrlich-dehydrierten Vollhonk so viel mehr als bräsige “So geht das”-Einredenwoller. Vor nicht allzu vielen Jahren war es noch verpönt, in Tracht aufs Oktoberfest zu gehen. Acht Stunden in der Schlange stehen, nur um ins “richtige” Zelt zu kommen? Bitteschön, aber ohne mich. Machen, was man will? Gerne, immer.

Mein persönlicher Wiesn-Hit kommt übrigens vom eingangs zitierten Millionendorf-Rapper Fatoni. Dessen jüngste Platte heißt: “Die Zeit heilt alle Hypes”.