Das ist die zweite Ausgabe von “Die Eskapade”. Wer das liest, ist nicht doof, sondern hat sich bereit erklärt, Testleser zu sein. Also die meisten haben das (‘Tschuldigung, Mama). Der erste Newsletter war dazu da, die Maschine zum Laufen zu bringen, der Text war im Grunde Füllmaterial. Die Mail sollte bei Dir im Postfach landen, aber ich nicht im Knast wegen der DSGVO. Beides hat geklappt.
Jetzt wird der Inhalt probiert. Denn fest steht bisher nur: “Die Eskapade” soll nicht noch mal durchkauen, was Tagesschau, Böhmermann und Gauland eh schon durchgekaut haben. Denn: Das haben die ja eh schon durchgekaut. Mit der “Eskapade” hauen ihr und ich ab aus dem Eh-da – deshalb heißt sie ja auch so. Fakenews und Hasstrolle bleiben draußen. Aber hier wird nicht empört über’s doofe Internet, sondern: Reconquista gute Laune!
Das klingt ja nett, Andreas. Aber was heißt das genau? – Ich hab doch auch keine Ahnung! Ideen hab ich. Die werde ich in den nächsten vier Ausgaben ausprobieren. Ihr müsst nichts weiter tun. Wenn ihr mir aber sagt, was ihr gut fandet und was nicht, freue ich mich sehr. Eine Nachricht wäre mein größtes Glück. Aber eine Abstimmung per Daumen am Ende des Newsletters hilft mir auch schon sehr.
Genug gequatscht. Los geht’s.
Was darf’s sein, Fremder?
Meine Friseurin hat ein schlechtes Gedächtnis. Alle vier Wochen fragt sie wieder: “Wie viel Millimeter haben wir noch mal an den Seiten gemacht?” Es sind sechs, sechs Millimeter sollen meine Haare kurz sein. Ich finde das gar nicht schlimm, dass sie jedes Mal das selbe fragt. Immerhin hat sie mehr Köpfe unter der Schere als ich Frisuren auf dem Kopf. Also kann ich mir das merken, sie muss das nicht. Diese Woche hatte sie eine neue Idee: “Weißt Du was? Ich trag das nachher mal in die Kundenkartei ein.”
Moment.
In einer Datenbank will sie meine personenbezogene Haarlänge speichern? Einfach reingehackt in eine Tabelle in der Cloud womöglich? Damit wäre mein Fassonschnitt ja praktisch digitales Weltgut. Dann klickt sich morgen der Donut mampfende NSA-Sachbearbeiter durch mein Profil und sagt: “Well, six millimeters.”
Solche Gedanken macht die Datenschutzgrundverordnung. Oder vielmehr das Gewese darum. Keiner hat Ahnung und die Nerven flattern und die Panik flirrt. In unheiliger Allianz mit dem weit verbreiteten Datengeiz wird seit letztem Freitag jeder, der eine Frage stellt zu persönlichen Vorlieben (“Ein bisschen Kakaopulver auf den Cappuccino?”), skeptisch beäugt wie ein italienischer Schuldenberater. Der beste schlechteste Witz aller Zeiten ist tot: “Was darf’s sein, Fremder?” – “Wie immer.”

Es sind doch die kleinen Schnipsel vom Persönlichen, die uns zusammenkitten. Sie halten uns davon ab, uns gegenseitig die Keule über den Fassonschnitt zu ziehen. Das ist nämlich gar nicht so einfach, wenn man weiß, dass der zu Bekeulende gerne Zierkohl züchtet oder Socken von Falke trägt. Ich mag ja verstehen, wenn man Facebook, Amazon und Google lieber nicht wissen lässt, dass man abends fünf Weißbiere braucht zum Runterkommen. Aber unter echten Menschen ist das der Stoff, aus dem lebenslange Freundschaften gemacht sind.
Unser Zusammensein kann im Moment weiß Gott mehr Kitt gebrauchen. Da kann man jetzt das Grundgesetz beschwören oder Gott oder Vanilleeis, alles mögliche stiftet ja Sinn. Doch nichts machte die Welt friedvoller, als ein kleines Datenpaket hier und da einem Fremden überreicht. Es muss nicht gleich die Kontonummer sein. Aber wenn mich morgen einer fragt, ob der Platz da neben mir noch frei ist, sag ich einfach: “Schauen Sie mal, sechs Millimeter.”
Ich gebe es zu, abseitig war das Thema Datenschutz diese Woche wahrlich nicht. Aber vielleicht war das Abseitige daran der Gedanke darin.
Bis nächste Woche
Andreas